Als ich die Tür zu Zimmer Nr. 71 öffne, weiß ich im selben Moment, dass mein Trip mit einer kapitalen Fehlentscheidung begonnen hat. Es gab weiß Gott schon schlimme Zimmer auf meinen vielen Touren, aber nie zuvor erlebte ich einen kompromissloseren Verzicht auf jedwede Art von Atmosphäre. Das Mobiliar ist frei von Geschmack und bestenfalls nützlich, scheint aber immerhin keinen eigenen Puls zu haben. Neben dem Bett steht ein Aschenbecher, der Gestank nach kalter Kippe unterstreicht das niederschmetternde Ambiente. Ich muss das Fenster öffnen, dass ich hinter der nikotingelben Gardine vermute. Es geht raus zur vielleicht 50 Meter entfernten A 1, auf der ein nicht versiegender Strom von Lastzügen Richtung Norden donnert. Das infernalische Getöse macht es vollkommen unmöglich, das Fenster offen zu lassen – aber wie ohne Atmung durch die Nacht kommen? »Willkommen in der Serways Raststätte Hamburg-Stillhorn Ost – Ihr Ruhepol an der Autobahn!« Wie dreist kann Werbung eigentlich ungestraft sein?