Die Honda Dakar-History 1981 – 2020

Einst war Honda die erfolgreichste Marke bei der Rally Dakar. Auf eine jahrelange Auszeit folgte der mühsame Kampf gegen Seriensieger KTM, bis 2020 erstmals wieder ein Honda-Pilot ganz oben auf dem Podest stand. Ein Blick zurück auf die wichtigsten Meilensteine.

Während in der Anfangsphase der Rally Dakar Yamaha glänzende Triumphe feierte und BMW ab 1981 das Geschehen bestimmt hatte, etablierte sich Honda ab Mitte der 1980er Jahre als führende Motorradmarke bei der Wüstenrallye. Nach ersten Erfolgen mit Einzylindern setzte der japanische Motorradhersteller 1986 mit der NXR 750 zu einer Erfolgsserie mit vier aufeinanderfolgenden Siegen an.

1981 – Die Dakar-Premiere von Honda

Für die Rally Paris-Dakar 1981 verpflichtete Honda Cyril Neveu. Der damals 24-Jährige hatte die Motorradwertung der ersten beiden Dakar-Ausgaben auf Yamaha XT 500 gewonnen. Doch der Teamwechsel wurde für den jungen Rallyestar zum Desaster. Während des Prologs, der vor Neveus Heimatstadt Orléans stattfand, riss die Kette der XLS 500. Es dauerte 25 Minuten, sie zu reparieren. Danach gelang Neveu kein einziger Etappensieg und er beendete die Rallye auf Platz 25. Das Potenzial des Motorrads wurde von seinen Teamkollegen (Vassard, Desheulles, Rigoni) bewiesen, die insgesamt vier Etappen gewannen.

1982 – Erster Sieg für Honda

Für die Dakar 1982 übernahm nicht der französische Importeur, sondern die Honda Racing Corporation (HRC) die Vorbereitung der Dakar-Motorräder. Der Hubraum des Einzylinders wurde auf 550 Kubikzentimeter vergrößert, die Leistung auf 45 PS erhöht. Da das Getriebe auf vier Gänge beschränkt blieb, wurde die Kupplung für eine bessere Haltbarkeit verstärkt. Der Tankinhalt wurde von 32 auf 42 Liter vergrößert. Den größten Fortschritt gab es jedoch beim Fahrwerk zu verzeichnen. Die Stereofederbeine wichen einem Zentralfederbein mit Pro-Link Hebel-Umlenkung.

Mit dem progressiv arbeitenden Fahrwerk und einem gegenüber dem 1981er Motorrad mehr als verdoppelten Federweg hatte der Wüstenrenner auf den schnellen Streckenabschnitten deutlich mehr Potenzial und dank des großen Tanks auch mehr Reserven. Der Erfolg gab dem Engagement von HRC Recht. Neveu überreichte Honda seinen ersten Dakar-Sieg mit der XL550R, Teamkollege Philippe Vassard wurde Zweiter.

Dennoch verlor der Single mit einer Höchstgeschwindigkeit von rund 160 km/h im Vergleich zu den Zweizylindern, die es auf 180 km/h brachten, auf den schnellen Etappen in Afrika immer mehr an Boden. Der Nachteil konnte durch das agilere Handling nicht kompensiert werden, so dass die XL550R bei den folgenden Dakar-Rallyes nur noch einen einzigen Podiumsplatz (3. Platz, Vassard 1984) erzielte.

1986 – NXR750: Beginn einer Erfolgsgeschichte

Wieder war es offensichtlich, dass der Weg zum Sieg nur über ein völlig neu konstruiertes Motorrad gefunden werden konnte. Für die Dakar 1986 wurde deshalb die Honda NXR750 entwickelt. Unter dem riesigen 57-Liter-Tank befand sich ein brandneuer Prototyp eines V2-Motors mit OHC-Ventiltrieb, 779 Kubikzentimetern Hubraum und einer Spitzenleistung von 70 PS. Mit vollem Tank wog der NXR etwa 250 Kilogramm. Aber das wussten zu diesem Zeitpunkt nur die Werksfahrer: In puncto Fahrbarkeit und Handling war die NXR der Konkurrenz weit voraus.

Das bewies Neveu bereits beim ersten Versuch. Das Potenzial des Motorrads erlaubte es ihm, das Rennen geschickt zu planen und das Risiko zu minimieren. Nach 15.000 Kilometern, der längsten Dakar der Geschichte, holte der Franzose erneut den Sieg für Honda. Es war der erste von vier aufeinander folgenden Dakar-Siegen für die NXR. Nach Neveus erneutem Sieg 1987 eroberten noch der Italiener Edi Orioli (1988) und der Franzose Gilles Lalay (1989) mit dem Zweizylinder die Spitzenplätze.

1989 – Die Africa Twin bei der Dakar

Die NXR hatte ihre Rolle als Pionier erfüllt, aber gerade als eine Legende zur Seite trat, wartete eine andere in den Startlöchern. 1988 wurde die Africa Twin (650 ccm, 49 PS) vorgestellt und von den Kunden begeistert angenommen. Um zu beweisen, dass diese Reiseenduro nicht nur das Aussehen der NXR, sondern auch ihre Performance hatte, startete der französische Honda-Importeur bei der Dakar 1989 eine Initiative. Unter dem Motto »50 Africa Twin à Dakar« wurde Privatfahrern die Möglichkeit geboten, mit nur leicht modifizierten Africa Twins (zwei 8-Liter-Hecktanks, überarbeitete Federelemente) an der Rallye teilzunehmen. Bemerkenswerte 18 Amateur-Fahrer erreichten die Ziellinie. Die Africa-Twin-Promotion wurde in den folgenden zwei Jahren fortgesetzt, und 1991 belegte der Italiener Roberto Boano auf einer seriennahen Africa Twin sogar Platz 11 der Gesamtwertung.

1995 – EXP-2: Den Zweitakter in die Wüste geschickt

Trotz dieses Erfolges kehrte Honda erst 1995 zur Rally Dakar zurück. Und nicht der Sieg war das Ziel, sondern die Präsentation einer neuen Technologie. Das Versuchsmotorrad EXP-2 verfügte über einen 402-ccm-Zweitaktmotor, der sich unter bestimmten Lastbedingungen in einen Selbstzünder verwandelte. Der Teilzeit-Diesel zeigte eine hervorragende Leistung, feierte mit dem Franzosen Jean Brucy einen sensationellen fünften Platz im Gesamtklassement – und verschwand nach der Rallye so schnell von der Bühne, wie er sie betreten hatte. Das Projekt wurde nicht mehr weiterverfolgt, und Honda nahm eine lange Auszeit von der Dakar ein.

Sieger der Motorradwertung bei der Rally Dakar seit 1979

Nicht nur die Hersteller haben mit ihren Motorrädern der Rally Dakar ihren Stempel aufgedrückt. Es sind auch große Fahrerpersönlichkeiten, die für entscheidende Kapitel der Dakar stehen. Bislang erfolgreichster Pilot ist Stéphane Peterhansel mit sechs Gesamtsiegen in der Motorradwertung, gefolgt von Marc Coma, Cyril Despres und Cyril Neveu mit jeweils fünf Titeln. Zur Übersicht

2013 – Honda-Comeback bei der Dakar

24 Jahre nach dem letzten offiziellen Einsatz der Africa Twin kehrte Honda zur Dakar zurück. Es sollte das Feld für das Nachfolgemodell, dessen Marketeinführung fü 2016 geplant war, bereitet werden. Doch inzwischen hatte sich der Rallyesport stark verändert. Seit 2005 ließ das Reglement keine Zweizylinder-Motoren mehr zu, die Dakar fand seit 2009 in Südamerika ausgetragen und 2011 wurde der Hubraum auf 450 Kubikzentimeter begrenzt. Honda blieb nichts anderes übrig, als eine Rallyemaschine auf Basis der Sportenduro CRF450X für das Comeback 2013 zu entwickeln. Der Motor mit dem Unicam-Ventiltrieb (die Einlassventile werden direkt von der Nockenwelle betätigt, die Auslassventile werden durch einen Kipphebel betätigt) war kompakt und auf ein hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen ausgelegt. Portugiese Hélder Rodrigues holte mit der CRF450 Rallye den 7. Platz

2014 – Neue Technologie für die CRF450 Rallye

Enttäuscht vom Abschneiden des Teams erkannt man bei HRC, dass für einen Sieg in einem so anspruchsvollen Wettbewerb ein komplett neues Motorrad entworfen werden musste. Technisch gesehen hatte die CRF450 Rallye von 2014 nicht viel mit ihrem Vorgänger gemein. Das Unicam-Konzept, das bis dahin bei allen Honda-Offroad-Rennmotorrädern verwendet worden war, wurde durch einen DOHC-Ventiltrieb (zwei oben liegende Nockenwellen) ersetzt. Der hochdrehende Einzylindermotor erreichte eine Spitzenleistung von über 60 PS.

Auch das Fahrwerk wurde umfassend modifiziert. Der konventionelle hintere Rahmen wurde durch ein schlankes Monocoque aus Kohlefaserlaminat ersetzt, und auch die vorderen Tanks wurden im unteren Bereich schmaler. Beide Modifikationen gaben dem Fahrer mehr Bewegungsfreiheit und verbesserten das Handling.

Ein längerer Radstand sorgte für mehr Richtungsstabilität bei der nun möglichen Höchstgeschwindigkeit von über 175 km/h. Ganz neu Rallye-Motorrädern war die Traktionskontrolle. Wenn das Hinterrad zu stark durchdrehte, reduzierte das Motormanagement die Leistung durch Eingriffe in Kraftstoffeinspritzung und Zündung. Dies half, Drehzahlspitzen zu vermeiden und die Reifen zu schonen. Vor allem auf Marathon-Etappen, wo die Reifen zwei Etappen überstehen müssen und Reparaturen nur mit Bordwerkzeug durchgeführt werden dürfen, war dies ein großer Vorteil.

Im Vergleich zur Vorgängerversion war der CRF450 Rally um 10 Kilogramm leichter und wog mit vollem Tank 170 kg. Doch das Glück war dem Team auch mit dem neuen Motorrad nicht hold. Der neu verpflichtete Starfahrer Joan Barreda holte beeindruckende fünf Etappensiege, bezahlte dafür aber mit häufigen Stürzen. Erneut wurde Hélder Rodrigues mit dem fünften Platz bester Honda-Fahrer.

Die erfolgreichsten Motorradhersteller bei der Rally Dakar

Anzahl Siege

Hersteller

Jahr(e)

18

KTM

2001–2007, 2009–2019

9

Yamaha

1979, 1980, 1991–1993, 1995–1998

6

BMW

1981, 1983–1985, 1999, 2000

6

Honda

1982, 1986–1989, 2020

2

Cagiva

1990, 1994

2015 – Noch mehr Elektronik für das Rallye-Motorrad

Für die Rallye Dakar 2015 wurde der CRF450 nochmals aufgewertet. Anstelle eines herkömmlichen Gaszuges wurden die Drosselklappen nun elektronisch über einen »Ride-by-Wire«-Gasgriff gesteuert. Hierdurch reagierte die Traktionskontrolle noch feinfühliger und der Kraftstoffverbrauch wurde reduziert. Honda hatte bei der Motorleistung auf Hochgebirgsetappen, wie zum Beispiel in Bolivien, einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Diesmal schien der Plan zu klappen. Barreda führte die Rallye an, bis die überschwemmte Salzwüste von Uyuni in Bolivien das Blatt wendete. Salzwasser drang in die Elektronik von Barredas Maschine ein, und der Spanier musste ins Ziel geschleppt werden. Der Sieg war verlockend nahe, doch wieder einmal zeigte die Dakar gnadenlos, dass sie die härteste Rally der Welt ist. Teamkollege Gonçalves wurde jedoch Zweiter in der Endabrechnung.

Die Entwicklung des CRF450 Rallye blieb nicht stehen. Nachdem semi-aktive Federungselemente bereits bei Straßenmotorrädern eingeführt worden waren, passte HRC die neue Technologie vor der Dakar 2016 an einige der vier CRF-Rallye-Motorräder an. Anfänglich konnte die Dämpfung nur manuell eingestellt werden, später verwendeten die Techniker jedoch Federelemente, die sich automatisch an das Gelände anpassten. Ab der Dakar 2018 verwendeten die Honda-Werksmotorräder zwar keine elektronische Federung mehr, aber die Technologie wurde auf die jüngste Generation der Africa Twin übertragen.

2019 – Der Sieg zum Greifen nah

Trotz zahlreicher Etappensiege hatten die Honda-Werksfahrer in den letzten sechs Rennen den Sieg stets verpasst. Im Jahr 2019 schien der Sieg für den Kalifornier Ricky Brabec nun zum Greifen nah, so wie 2015 schon für Barreda. Der Wüstenspezialist lag in Führung, doch drei Tage vor dem Ziel fanden seine Ambitionen im losen Fesh-Fesh-Sand von Peru ein vorzeitiges Ende.

2020 – Der langersehnte Sieg

Bei der Dakar 2020 wendete sich das Blatt. In den Wüsten Saudi-Arabiens übernahm der 28-jährige Brabec am dritten Tag die Führung und verteidigte seine Position souverän über die Gesamtdistanz von 7800 Kilometern. Nach sieben Versuchen bei der zermürbendsten Rallye der Welt passten die Puzzleteile nun schließlich zusammen. Das Honda-Werksteam kehrte dorthin zurück, wo es 1982 am Lac Rose in Dakar erstmals gestanden hatte: Auf die oberste Stufe des Podiums.

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