Alles über Motorradreifen

Jeder Motorrdfahrer hat sie, jeder braucht sie, aber richtig über sie Bescheid wissen nur die wenigsten – die Reifen. Wir erklären die wichtigsten Begriffe.Zunächst wollen wir den Buchstaben- und Zahlensalat auf den Reifenflanken auflösen. Hinter den kryptisch wirkenden Zeichenfolgen verbergen sich wichtige Informationen, die unter anderem darüber Auskunft geben, ob ein Reifen für mein Motorrad zulässig ist.

Bezeichnungen auf der Flanke eines Motorradreifens
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  Bezeichnungen auf der Flanke eines Motorradreifens

Größenbezeichnung
Beginnen wir mit einem gängigen Vorderreifen: 120/70 ZR17 M/C (58W)
120 ist die Reifenbreite in mm
/70 zeigt das Querschnittsver­hältnis von Höhe zu Breite in Pro­zent. Dieser Reifen ist 70 Prozent von 120 mm hoch, also 84 mm.
17 bedeutet den Felgendurch­messer in Zoll (ein Zoll = 2,54 cm).
Z steht für die zulässige Höchst­geschwindigkeit (über 240 km/h).
R bedeutet Radialbauweise.
M/C heißt Motorcycle, um Ver­wechslungen mit einem PKW-Reifen auszuschließen.
(58W) ist die Betriebskennung, bestehend aus der Trägfähig­keits­­kennzahl 58 und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Normalerweise bedeutet W eine Ge­schwindigkeit bis 270 km/h, doch da die Betriebskennung in Klam­mern gesetzt ist, liegt das er­laub­­te Maximaltempo bei über 270 km/h.
LI (Load Index = Tragfähigkeitskennzahl) ist ein Code, der die Höchsttragfähigkeit des Reifens bei derjenigen Geschwindigkeit angibt, die durch das Geschwindigkeitssymbol bezeichnet wird. Der LI von 58 bedeutet zum Beispiel eine Tragfähigkeit von 236 kg.

Weitere Kennungen
Zusätzliche Angaben liefern über zahlreiche Reifeneigenschaften. Beispiel eines typischen Hinterreifens: 150/70 B17 M/C 69H TL
B bedeutet »Bias-belted«, also Gürtelreifen. Findet sich zwischen den der Reifen- und der Felgengrö­ße weder ein R noch ein B, sondern einfach nur ein Strich, handelt es sich um einen Diagonalreifen.
69 steht wieder für den Tragfähigkeitsindex.
H signalisiert die Höchstgeschwindigkeit, in diesem Fall 210 km/h. Mit Ausnahme der Buchstaben V und Z steht der Ge­schwindigkeitsindex immer am Ende der Größenbezeichnung.
TL ist der Kennzeichnung für »Tubeless« (schlauchlos).

Pfeile
Auf der Reifenflanke befinden sich mehrere Pfeile. Ein einzelner gibt eine Richtung an. Das ist die Laufrichtung, der Reifen muss entsprechend montiert werden. Viele kleine Pfeile an der Schulter sind der »Tread wear indicator«, zu deutsch der Profilabnutzungs-anzeiger. Er ersetzt jedoch nicht das regelmäßige Nachmessen der Profiltiefe; der Gesetzgeber schreibt 1,6 mm vor.

Front use/Rear use
Gibt an, wo der Reifen aufgezogen wird. »Front« steht für vorne, »rear« für hinten.

DOT
Das ist die Abkürzung für »Department of Transportation«, das US-amerikanische Verkehrsministerium. Danach folgt eine Buchstaben-Zahlen-Kombination, die besagt, dass der Reifen den Bestimmungen in den USA entspricht. Dahinter folgt in vier Ziffern das z. B. 1908. Das bedeutet, der Reifen wurde in der 19. KW 2008 hergestellt.

ECE – E4 75R 0004505
Hierbei handelt es sich um die Prüfung und Freigabe der Europäischen Union. E4 steht
für das Land, in dem die Prüfung durchgeführt wurde, R75 für die ECE-Norm, 0004505 lautet die Zulassungsnummer des Reifens.

Tread/Sidewall
Hier steht, wie die Karkasse aufgebaut ist. In diesem Fall be­steht die Lauffläche (Tread) aus zwei Lagen Rayon – einem Kunststoff – und einer Lage Stahl, die Seitenwand (Sidewall) aus zwei Lagen Rayon.

Motorradreifen in Diagonal- sowie Radialbauweise

Aufbau eines Diagonal-Gürtelreifens: 1 Karkasse, 2 Lauffläche mit Profil, 3 Gürtel, 4 Felge, 5 Wulst, 6 Kernreiter, 7 Wulstkern, 8 Schlauchlos-Innenplatte
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Aufbau eines Radialreifens: 1 Karkasse, 2 Lauffläche mit Profil, 3 Gürtel, 4 Felge, 5 Wulst, 6 Kernreiter, 7 Wulstkern, 8 Schlauchlos-Innenplatte

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Reifenlexikon

Reifenlexikon

Auswuchten
Eine ungleiche Massenverteilung im Reifen verursacht bei der Drehbewegung des Ra­des Vibra­ti­o­nen. Beim Auswuchten wird ein Gegengewicht ge­nau gegen­über der Unwucht auf der Felge fixiert.

Bauarten
Diagonalreifen – klassische Reifenbauweise, bei der die Fä­den der einzelnen Karkasslagen diagonal zueinander verlaufen.
Diagonalgürtelreifen – eine Weiterentwicklung des Diagonal­reifens, bei der sich unter der Lauffläche eine oder zwei Lagen (Gürtel), zumeist aus Rayon, be­finden. Diese Gürtel begrenzen die Ausdehnung des Reifens durch die Fliehkraft.
Radialreifen – besitzt eine Kar­kasslage, deren Fäden im 90°-Win­kel (radial) zur Fahrtrichtung verlaufen. Zusammen mit ein oder zwei zusätzlichen Gürtel­lagen gibt das Formstabilität auch bei hohen Geschwin­dig­kei­ten. Wenig Gewebelagen be­deu­ten zudem wenig Walkarbeit.

Eigendämpfung
Wünschenswerte Eigenschaft eines Reifens, die Komfort und Haftung auf Unebenheiten er­höht sowie die Pendelneigung bei hohem Tempo, Lenkerschlagen und Lenkerflattern reduziert.

Einfahren
Unerlässlich, weil sich auf der Lauffläche des fabrikeuen Reifens ein Trennmittel befindet, durch das sich der neue Gummi einfach aus der Vulkanisierform lösen lässt. Zudem ist die Oberfläche anfänglich sehr glatt und muss durch den Kontakt mit der Stra­ße aufgeraut werden. Reifenhersteller empfehlen 200 km.

Flanke (Seitenwand)
Flexibelstes Bauteil eines Reifens. Muss einerseits steif genug sein, um Brems- und Beschleunigungskräfte zu übertragen, darf aber wegen Federungs- und Dämpfungsaufgaben nicht zu steif sein. Eine hohe Flanke unterstützt den Komfort und die Eigendämpfung, eine niedrige erhöht die Präzision und die Hochgeschwindigkeitsstabilität.

Fabrikatsbindung/Freigaben
Insbesondere bei PS-starken, schnellen Motorrädern sind neben der Reifengröße auch das Fabrikat und/oder das Profil in die Fahrzeugpapiere eingetragen. Davon kann u. U.  abgewichen werden, wenn die Bezeichnung auf dem Reifen (z.B. 160/70 B 17 73V) vollständig mit den Angaben in den Fahrzeugpapieren übereinstimmt und der Reifen ein Europa-Prüfzeichen trägt. Oder es liegt eine offiziell be­stätigte Freigabe-Bescheinigung vom Fahrzeug- bzw. Reifenhersteller vor, die besagt, dass dieser Reifen ohne Einschränkung an dem betreffenden Motorrad gefahren werden darf.

Karkasse
Tragendes Element des Reifen­unterbaus, Grundgerüst eines jeden Reifens, das ihm Form und Stabilität verleiht. Besteht heutzutage zumeist aus hochfesten Kunstfasergewebelagen (Rayon, Nylon).

Kernreiter
Ist ein Bestandteil der Wulst aus Gummi, der den durch den Karkassenumschlag entstandenen Hohlraum zur Verstärkung der Flanke ausfüllt.

Lauffläche
Äußere Schicht des Reifens, die den Kontakt zur Fahrbahn­oberfläche herstellt. Besteht heute ausschließlich aus künstlichem Kautschuk und wird unter hoher Temperatur auf die Karkasse vulkanisiert.

Lagerung
Reifen sollten liegend gelagert werden, maximal vier Stück übereinander.

Luftdruck
Sollte einmal in der Woche bei kalten Reifen gemäß Angaben im Fahrerhandbuch überprüft werden. Zu niedriger Luftdruck verschlechtert das Fahrverhalten und führt zu vermehrter Walkarbeit, was in Reifenschäden enden kann. Zu hoher Luftdruck wirkt sich negativ auf den Fahrkomfort aus und fördert den Verschleiß.

Mischbereifung
Verwendung von Reifen unterschiedlicher Bauart, ist nur bei ent­sprechender Freigabe statthaft.

Multi Compound
Englischer Oberbegriff für Reifen mit unterschiedlich harten Gummimischungen auf der Lauffläche, z. B. hart in der Mitte für hohe Laufleistung und weich auf den Schultern für gute Schräg­lagenhaftung.

Ply
Englische Bezeichnung für La­ge, die in Verbindung mit einer Zahl die Menge der einzelnen Gewebe- bzw. Gürtellagen angibt.

Profil
Wird unterschieden in Positiv- und Negativprofil. Positivprofil ist der Anteil des Reifens, der den Kontakt zur Fahrbahnoberfläche hält, sprich für die Haftung zu­ständig ist. Das Negativprofil, also die Vertiefungen in der Laufflä­che, nimmt Wasser auf und schleudert es nach hinten weg.

Profiltiefe
Wichtiges Element der Wasserverdrängung – je tiefer, umso besser. Die StVZO verlangt 1,6 mm Profiltiefe, ein Austausch ist je­doch schon bei spätestens 2 mm Restprofiltiefe empfehlenswert. Nachschneiden des Profils ist verboten.

Silica
Anderes Wort für Kieselsäuregel. Dieser Stoff sorgt als Bestandteil der Gummimischung der Lauffläche sowohl für die Nass- und Kalthaftung des Reifens als auch für hohe Laufleistung und geringen Rollwiderstand.

Ventilkappe
Die Kappe sollte grundsätzlich aufgeschraubt sein und möglichst über einen Dichtring verfügen. Die Kappe verhindert Luftverlust bei hohen Geschwindigkeiten oder defektem Ventileinsatz.

Vulkanisieren
Die Verbindung der einzelnen Reifenkomponenten (Karkass­lagen, Lauffläche, evtl. Gürtel) mit­einander in einer Heizpresse bei etwa 170° C und einem Druck von rund 20 Atü.

Walkarbeit
Verformung des Reifens durch äußere Einflüsse wie Beschleunigen, Bremsen oder die Fahrbahnbeschaffenheit. Dabei bewegen sich die Karkassenlagen, wodurch Reibungswärme entsteht. Zu ge­ringer Luftdruck führt zu ver­mehr­ter Walkarbeit.

Wulst
Sozusagen der innere Ring des Reifens; an dieser Stelle werden die Karkassenenden um den Wulst­kern gelegt.

Wulstkern
Besteht aus einem oder mehreren Stahldrähten, die den Reifen fest auf der Felge halten. Die An­zahl und Anordnung dieser Dräh­te bestimmen die Stabilität des Reifens mit.

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