KTM trennt sich von MV Agusta

Dringender Sanierungsbedarf

KTM trennt sich von MV Agusta

Nun droht die Krise bei KTM auch MV Agusta in den Abgrund zu reißen. Der in schweren finanziellen Schwierigkeiten steckende österreichische Motorradhersteller will sich so schnell wie möglich von der erst kürzlich akquirierten Traditionsmarke trennen.

Schrittweise Übernahme durch KTM

Husqvarna, GasGas, KTM – mit diesen drei Marken präsentierte sich die Pierer Mobility AG nach Jahren rasanten Wachstums im sportlichen Bereich bestens aufgestellt. Eine prestigereiche Luxusmarke fehlte allerdings im Portfolio des österreichischen Konzerns. Da kam MV Agusta gerade recht. Der traditionsreiche Hersteller extravaganter Motorräder im oberitalienischen Varese war nach turbulenten Jahren durch das Investment des russischen Geschäftsmannes Timur Sardarov wieder auf einem guten Weg.

KTM fehlte also etwas Glamour, MV Agusta hatte immer noch Defizite in der Händlerstruktur. Da erschien eine Zusammenarbeit als klassische Win-Win-Situation. Im November 2022 erwarb die KTM AG als Tochterunternehmen der Pierer Mobility AG im Rahmen einer Kapitalerhöhung 25,1 Prozent an der MV Agusta Motor S.p.A. Ab 2023 übernahm das KTM-Händlernetz den Vertrieb der MV-Modelle in Nordamerika, die Unternehmen näherten sich immer weiter an. Im März 2024 stockte die Pierer-Gruppe ihre Anteile an MV um weitere 25 Prozent auf 50,1 Prozent auf.

Mit dieser Mehrheit hatten die Österreicher endgültig das Sagen in Varese. Der langgediente KTM-Manager Hubert Trunkenpolz übernahm bei MV Agusta die Funktion des Geschäftsführers und Vorsitzenden des Verwaltungsrats. Einer gesunden Entwicklung flankiert von den starken Strukturen eines internationalen erfolgreichen Konzerns schien nun nichts mehr im Wege zu stehen.

»Kein strategisch wichtiger Vermögenswert«

Und genau diese Abhängigkeit vom österreichischen Mutterkonzern wurde für MV Agusta ab dem Zeitpunkt zum Problem, als die Österreicher in finanzielle Schwierigkeiten gerieten – und schließlich ein Restrukturierungsverfahren beantragen mussten. Plötzlich ist die Edelmarke kein »kein strategisch wichtiger Vermögenswert« mehr, passt also nicht mehr in die langfristige Strategie.

Diese Entscheidung wurde während eines Treffens des Managements mit Gewerkschaftsvertretern offiziell verkündet. Damit war klar, dass MV Agusta künftig auf eigenen Beinen stehen muss. Bis spätestens März 2025 soll die Produktion vollständig an den Stammsitz in Varese zurückverlagert werden. Der erwarteten Kostensenkung stehen zunächst erhebliche Investitionen für die Reorganisation gegenüber.

Ehrgeiziger Sanierungsplan

Erlöse sollen zunächst durch den Verkauf von 2.000 Motorrädern erzielt werden, die aktuell in den Lagern in Österreich stehen. Ähnlich wie die anderen Marken der Gruppe hatte es auch bei MV Agusta zuletzt erhebliche Überkapazitäten gegeben. Ziel ist es, mit 3.000 Fahrzeugen im Jahr 2025 eine der Nachfrage angepasste Stückzahl zu produzieren. Selbst unter den günstigsten Rahmenbedingungen wird MV Agusta in den kommenden zwei Jahren jedoch defizitär arbeiten. Ein ehrgeiziger Sanierungsplan nennt erst das Jahr 2027 als Ziel für das Erreichen der Gewinnschwelle. Wie bis dahin die Liquidität gesichert werden soll, ist unklar.

Steigt Sardarov wieder ein?

Ein Einstieg chinesischer Konzerne, wie bei Benelli oder Moto Morini, wird als mögliches Szenario gehandelt. Gerüchteweise bemüht sich auch Alteigentümer Timur Sardarov, durch Rückkauf von Anteilen die Kontrolle über das Unternehmen wiederzuerlangen.

Neben den Kunden sind natürlich die Arbeitnehmer am unmittelbarsten von den erneuten wirtschaftlichen Turbulenzen bei MV Agusta betroffen. Das 13. Monatsgehalt soll noch ausgezahlt werden, dann drohen finanzielle Einschnitte. Im Rahmen eines Solidaritätspaktes haben Gewerkschaften und Management einen 20-prozentigen Gehaltsverzicht ausgehandelt.

Ob und in welcher Form MV Agusta als Motorradmarke erhalten bleibt, werden die kommenden Monate zeigen.

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