Industrieverbände gegen Strafzölle auf Motorräder

Beispiel Harley-Davidson

Industrieverbände gegen Strafzölle

Eine Koalition aus europäischen und amerikanischen Industrieverbänden appelliert an EU-Kommission und US-Regierung, Strafzölle auf nicht miteinander verbundenen Sektoren aufzuheben. Erst jüngst wurden die Motorräder von Harley-Davidson von der EU mit einem zusätzlichen Einfuhrzoll belegt.

»Das Ganze ist weitaus mehr als nur ungerecht, es ist existenzbedrohend«, beschrieb unlängst Matthias Meier, Vorstand des europäischen Verbands der Harley-Davidson-Vertragshändler, den von der EU ab 1. Juni geplanten Strafzoll auf Motorräder von Harley-Davidson in einem Kommuniqué. Inklusive der üblichen Abgabe würde sich der Einfuhrzoll auf die amerikanischen Bikes damit auf 56 Prozent erhöhen. Konkurrenzfähig dürften die Eisen aus Milwaukee auf dem europäischen Markt damit nicht mehr sein.

Zölle, wo's besonders weh tut

Hintergrund der Entscheidung der EU-Kommission ist der seit 2018 schwelende Handelsstreit mit den USA. Damals hatte US-Präsident Trump Einfuhrzölle von 25 Prozent auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte eingeführt, weil er unfairen Wettbewerb witterte. Im Gegenzug veröffentlichte die Europäische Union eine Liste mit amerikanischen Produkten, auf die nun ebenfalls erhöhte Zölle erhoben wurden. Die Liste war sorgfältig zusammengestellt, darauf vor allem Produkte, bei denen es die Amerikaner besonders schmerzlich trifft. Neben Whiskey traf der Bann auch Motorräder mit mehr als 500 Kubikzentimetern Hubraum.

Keine Ausnahme mehr für Harley-Davidson

Bislang konnte sich Harley-Davidson durch eine Produktionsverlagerung zahlreicher Modelle an Standorte außerhalb der USA den Strafzöllen entziehen. Fast alle für den europäischen Markt bestimmten Modelle kommen aus Thailand. Konnte Harley mithilfe einer Binding Origin Information (BOI) den Ursprung eines Modells außerhalb der USA nachweisen, wurde nur der reguläre Einfuhrzoll von sechs Prozent fällig.

Künftig will die EU-Kommission die BOI jedoch nicht mehr anerkennen und alle Harleys als Made in America behandeln – ab 1. Juni sind damit zusätzliche 50 Prozent Zoll fällig.

Für Harley-Davidson, das sich in einem tiefgreifenden Restrukturierungsprozess befindet, kommt diese Nachricht zur Unzeit. Das ohnehin gebeutelte Unternehmen hat dementsprechend Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt. Unterstützung bekommen die Motorradbauer nun durch eine breite Koalition aus Industrieverbänden von beiden Seiten des Atlantiks.

Transatlantische Koalition gegen Strafzölle

Insgesamt 88 europäische und amerikanische Verbände, darunter die ACEM (Association des Constructeurs Européens de Motocycles) und das amerikanische Pendant USMMA (United States Motorcycle Manufacturers Association), haben sich in einem Schreiben an EU-Kommissionspräsidenten von der Leyen und an US-Präsident Biden gewandt und sich für eine Aufhebung der geltenden Strafzölle ausgesprochen. Insbesondere fordern sie, dass Vergeltungsmaßnahmen grundsätzlich nicht auf nicht miteinander in Verbindung stehende Industriesektoren angewandt werden sollten.

Die Verfasser weisen auch auf die grundsätzlich positive Dynamik der Aussetzung von Strafzöllen hin. Jüngstes Beispiel ist die Intervention der Welthandelsorganisation (WTO) im jahrzehntelangen Subventionsstreit zwischen Boeing und Airbus, in dem die WTO die gegenseitigen Sanktionen für vier Monate unterbunden hatte, um die Marktmechanismen wieder in Gang zu setzen.

Laut Händlerverband sind in Europa insgesamt 370 Harley-Händler von den Sanktionen betroffen und damit rund 5500 Arbeitsplätze gefährdet.

»Wir rufen die Europäische Kommission und die neue US-Regierung auf, einen positiven transatlantischen Handelsdialog wieder aufzunehmen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass beide Parteien zur Vernunft zurückkehren und eine Lösung finden«, unterstreicht Antonio Perlot, Generalsekretär der ACEM, die Forderungen.

Foto: Timo Klostermeier unter Lizenz CC-BY 2.0

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