Das »Global Centre of Excellence« soll als Design- und Entwicklungszentrum für künftige Motorradprojekte dienen. Grundlage dafür ist die vollständige Übernahme des italienischen Entwicklungsdienstleisters Engines Engineering S.p.A aus Castenaso nahe Bologna, der seit Jahrzehnten für höchste Kompetenz in der Motorradentwicklung steht.
Mehr als fünf Jahrzehnte Erfahrung in der Motorradentwicklung
Engines Engineering mit Sitz in Bologna ist seit den 1970er-Jahren auf Konzeption, Konstruktion und Prototyping von Motorrädern spezialisiert. Das Unternehmen war in den unterschiedlichsten Segmenten aktiv, vom Leichtkraftrad bis hin zu High-Performance-Maschinen, und sammelte über viele Jahre Erfahrung im MotoGP. Auch das Revival der Suzuki Katana fand mit Unterstützung der Italiener statt. Das Unternehmen deckt Aufgabenbereiche von der Rahmen- und Fahrwerksentwicklung über Aerodynamik bis hin zu Elektronikarchitektur und Homologationsprozessen ab. Durch die Eingliederung in die Strukturen von TVS wird diese Expertise nun mit den umfassenden Ressourcen eines internationalen Konzerns verknüpft.
Von der Konzeptidee bis zum marktfertigen Modell
»Indem wir die Kreativität und Rennsporterfahrung von Engines Engineering mit unseren eigenen Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten kombinieren, stärken wir unsere Fähigkeit, Premiummodelle sowie vernetzte und elektrische Fahrzeuge zu entwickeln, die neue globale Maßstäbe setzen«, erklärte TVS-Chairman Sudarshan Venu. Das Zentrum solle nicht nur die Produktentwicklung beschleunigen, sondern die gesamte Prozesskette von der Konzeptidee bis zum marktfertigen Modell abbilden.
Besonders im Fokus steht dabei die britische Traditionsmarke Norton Motorcycles, die TVS im Jahr 2020 übernommen hat. Norton gilt als Synonym für exklusive Hochleistungsmotorräder mit einer langen Geschichte im Rennsport und einer treuen Fangemeinde. Mit der Unterstützung durch Engines Engineering sollen künftige Modelle sowohl die historische Identität bewahren als auch den Sprung in moderne Segmente schaffen – von leistungsstarken V4-Superbikes bis hin zu elektrifizierten Konzepten.
Strategische Bedeutung auf mehreren Ebenen
Die strategische Bedeutung der Akquisition liegt auf mehreren Ebenen. Zum einen kann TVS die Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich steigern und seine bestehende Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die bereits über 700 Ingenieure umfasst, gezielt entlasten. Zum anderen eröffnet die Präsenz im italienischen »Motor Valley« – Heimat zahlreicher Rennsport- und Luxusmarken – einen Zugang zu hochqualifiziertem Fachpersonal und etablierten Netzwerken. Zudem ergänzt das Zentrum die bereits im Mai 2024 gegründete TVS Motor Italia, über die Modelle wie die Apache RR und RTR 310 vertrieben werden. Diese Fahrzeuge entstanden in Kooperation mit BMW Motorrad und stellen eine Parallelentwicklung zur G310-Baureihe der Münchener dar.
TVS-Tochter Norton plant Modelloffensive
Die Traditionsmarke Norton steht offenbar kurz vor einer breit angelegten Produktoffensive: Als Nachfolger der eingestellten Baureihen V4SV, V4CR und Commando 961 hat das Unternehmen sechs neue Modelle angekündigt, basierend auf drei Motorenplattformen. Branchenbeobachter rechnen mit einer Premiere auf der Mailänder Motorradmesse EICMA im November 2025. Gezeigt werden könnte unter anderem ein komplett neues V4-Supersportmodell.
Mit der Eröffnung des Entwicklungszentrums in Bologna unterstreicht TVS Motor seine Ambition, als globaler Player im Premiumsegment aufzutreten. Für Norton wiederum könnte die Verbindung von britischer Markentradition, indischen Ressourcen und italienischer Ingenieurskunst genau der Impuls sein, um sich langfristig als relevanter Hersteller im Hochleistungs- und Luxusmotorradmarkt zu positionieren.