Himmel & Hölle
Traumstraße Eifel

Himmel & Hölle

Länge: 360 km
Dauer: 2-3 Tage

Terrain

Standard Road

Länder

Deutschland

Regionen

Eifel , Nordrhein-Westfalen , Rheinland-Pfalz

Traumstraße in der Eifel, das heißt für viele Biker: Ab in die Grüne Hölle. Unser Autor weiß es besser. Die schönsten Routen starten bei ihm vor der Haustür, und seine ganz persönliche Traumstraße führt Motorradfahrer in den siebten Himmel. Text + Fotos: Hans Michael Engelke

Gerade mal sechs Uhr ist es, als wir die Haustür hinter uns abschließen. Nein, es ist kein Muss. Man kann auch zu einer gesitteteren Zeit aufstehen und losfahren. Aber nur die wenigsten wissen, was einem dann entgeht. Wir wissen es, denn wir wohnen hier. Im »Tor zur Eifel«, dem kleinen Dorf Kordel, nur wenige Meter von der Römerstadt Trier entfernt. Und so ist es noch ziemlich dämmerig, als die BMW das Dorf verlässt und mit niedriger Drehzahl entlang der Kyll in Richtung Norden rollt. Kühle Nebelschwaden hängen noch über den Feldern und Wiesen neben der Straße, steigen aus dem plätschernden Wasser des Baches auf. In tausend kleinen Tropfen lassen sie sich auf der Scheibe der Verkleidung nieder. Genauso viele Wassertröpfchen lassen die Spinnennetze zwischen den Grashalmen und Büschen im ersten Licht des Morgens um die Wette glitzern. Es wäre nicht ratsam, jetzt und hier, zwischen Kordel und Zemmer, an den Ufern der Kyll, schon kräftig Gas zu geben. Zur noch weitgehend intakten Fauna der Südeifel gehören Wildschweinrotten und Rotwildbestände, und die zieht es in der Frühe zurück von den Wiesen und Flussufern in die schützenden Wälder, wobei sie wohl kaum Rücksicht auf heranfliegende Motorradfahrer nehmen. Bald verlassen wir das Kylltal, steigen mit den ersten Serpentinen hoch auf die Fidei, das Hochland rund um Zemmer. Oben scheinen uns die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne ins Gesicht. Der Blick auf das umliegende Land ist fantastisch. Die Sonne leuchtet rot knapp über dem Horizont, wie Scherenschnitte schälen sich Bäume und Büsche aus dem Frühnebel. Die Rinder auf den Weiden, beim Frühstück im feuchten Gras zwischen dampfenden Misthaufen, schauen uns neugierig hinterher– Idylle pur. Hier oben im offenen Land treibe ich die BMW etwas schneller an, passiere bald die amerikanische Airbase Spangdahlem und tauche hinter Schwarzenborn wieder in dichte Wälder.

Das Zisterzienserkloster Himmerod huscht an uns vorbei. Schon öfter haben wir hier auf eine Tasse Kaffee vorbeigeschaut, jetzt liegt noch alles in morgendlicher Ruhe. Wenige Kilometer, aber viele Kurven später fahren wir nach Manderscheid hinein. Eigentlich müssten wir weiter Richtung Norden, aber wir machen einen kurzen Abstecher, folgen dem Schild »Zu den Burgen«. Zwei imposante Burgruinen sind es, die sich in Manderscheid, fast kurios anmutend, nur einen guten Steinwurf voneinander entfernt gegenüberliegen. Während in der Niederburg die Herrscher des Herzogtums Luxemburg ansässig waren, residierten in der Oberburg die feindlich gesinnten Vertreter des Kurfürstentums Trier. Vom Parkplatz am linken Straßenrand hat man einen tollen Blick auf die einst wehrhaften Burgen, die auch zur Besichtigung geöffnet sind.

Gleich hinter Manderscheid beginnen dann fantastische Nebenstrecken, die durch die Vulkaneifel führen. Hier brodelte einst das Land und hinterließ ein einmaliges Relief mit kreisrunden Maaren, riesigen Lavabrüchen, aufragenden Bergen und tiefen Tälern. Nur kurz unterbrochen vom Eifelzentrum Daun führen die kleinen Landstraßen, die auf der Karte allesamt mit grünen Markierungen hinterlegt sind, vorbei an Hillesheim bis kurz vor den Nürburgring. Klar, wer über die Eifel schreibt, kommt nicht um den Nürburgring herum. Vom Motorsport bis zum Erlebniszentrum, vom Offroad-Park bis zum Fahrsicherheitszentrum – rund um die schon 1927 eingeweihte Rennstrecke ist ein riesiges Areal mit noch größerem Angebot entstanden. Heute lassen wir die Anlage links liegen, rauschen zügig vorbei und biegen einige Kilometer später an der Hohen Acht wieder schlagartig in die ruhigsten Lagen der Hohen Eifel ab. Enge Kehren und Serpentinen führen hinunter ins Tal. Nur ganz wenige Autos und einige Motorradfahrer sind hier am Heckenbach unterwegs. Bei Kesseling halte ich mich in Richtung Ahrbrück, und einige Minuten danach rollen wir bei Jochen Retzmann aus. Seit 2003 betreibt Jochen das Café-Bistro Ahrwind. Ein urgemütlicher Laden, in dem man bei einem leckeren Frühstück oder Mittagessen in Motorradzeitschriften der Fünfziger-Jahre blättern kann. Hier finden sich immer Moppedfahrer zum Quatschen und Fachsimpeln, Sehen und Gesehenwerden.

Weites Land, wenige Weiler, einige Höfe

Weiter über die enorm kurvenreiche Strecke zwischen Altenahr und Bad Münstereifel. Aber bitte nicht übertreiben – die letzten Kilometer zwischen Scheuerheck und Münstereifel sind als Unfallstrecke bekannt und haben schon Schlimmeres als nur Blechschäden gesehen. Vor Bad Münstereifels Stadttor findet sich immer ein Parkplatz fürs Motorrad. Das mittelalterliche Fachwerk, die Burg, die kleinen Gässchen und die Stadtmauer erkundet man am besten zu Fuß. Direkt hinter dem kleinen Städtchen im Tal der Erft geht es weiter über Nöthen zu Füßen des Himbergs bis Marmagen. Über langgestreckte Höhenzüge, von denen die Ausblicke weit hinaus in das Land des Naturparks Nordeifel reichen. Von Marmagen aus sind es nur ein paar Kilometer bis zu einer der schönsten Eifel- Etappen überhaupt. Ab Gemünd führt ein geschlängelter Kurvenlindwurm vorbei an der Abtei Mariawald nach Heimbach, von dort nach Nideggen und über Schmidt nach Vossenack. Die Strecke ist beliebt bei Motorradfahrern– nicht nur aus dieser Region. Gelbe Nummernschilder sehen wir zuhauf, flachlandgeplagte Niederländer holen sich hier regelmäßig den Kurvenkick, und auf dem Aussichtspunkt oberhalb des Burgenstädtchens Nideggen kommen wir sogar mit zwei Engländern ins Gespräch, die regelmäßig in die Ardennen und die Eifel rauschen.

Mit Nideggen und Vossenack haben wir die nördlichste Ecke unserer Eifeltour erreicht, a  nun geht’s wieder gen Süden. Die Fachwerkidylle Monschau ist nächstes Ziel. Wer Monschau nicht gesehen hat, hat etwas verpasst. Die historische Stadt an der Rur lädt mi  kopfsteingepflasterten engen Gassen, schieferverkleideten und windschiefen uralten Häusern und nicht zuletzt einer Burg zu Entdeckungstouren ein. Über steile Trampelpfade und brüchige Treppen lassen sich zudem die Berghänge rechts und links erklimmen, was mit einer überwältigenden Aussicht auf das Dorf im Tal belohnt wird. Monschau ist der richtige Ort zu  längeren Verweilen, und ein abendlicher Spaziergang in den spärlich beleuchteten Gassen versetzt einen beinahe ins Mittelalter. Kurz über die gut ausgebaute B 258 bis Schöneseiffen, dann rechts ab, und schon stellen die Nebensträßchen den Gleichgewichtssinn wieder auf eine harte Probe. Durch dichtes Grün, kleine schattige Wälder, und immer wieder taucht man ein in den Farbenrausch sattgrüner Wiesen mit gelb leuchtendem Ginster und goldbrauner Felder mit rot leuchtendem Mohn und blauen Kornblumen. Dazwischen Hingucker wie Hellenthal, Reifferscheid, die Wildenburg und vor allem das historische Eifelstädtchen Blankenheim, in dem mitten im Dorf in einem Keller die Ahr entspringt.

Hinter Blankenheim wird es noch ländlicher, obwohl das doch kaum möglich schien. Weites Land, nur wenige Weiler, einige Aussiedlerhöfe. Hier fährt nur, wer hierhergehört. Oder eben begeisterte Biker. Irgendwann erreichen wir wieder das Kylltal. Die Ufer der glasklaren Kyll, an der wir uns entlangtasten, laden zum Picknick ein oder einfach nur zum In-der-Sonne-Liegen. Wir lassen die BMW im Grünen ausrollen, hauen uns ein bisschen ins Gras. Die plätschernden Wellen beruhigen, lassen Kiki und mich fast eindösen. Wäre auch egal, denn wenige Kilometer weiter können wir ja unsere Haustür aufschließen. Und entgangen ist uns heute ganz bestimmt nichts.

Fahrzeit: Früh aufstehen, nicht allzu viele Pausen, dann ist es eine Tagestour. Das wäre aber schade, jede Menge Sehenswürdigkeiten und schöne Ecken laden zu einer Zwei- oder Drei-Tages- Tour.

Highlights

Besonderheiten: sehr vielfältige Landschaft, viele schmale Nebenstrecken.
Sehenswert: Monschau und Bad Münstereifel mit ihren mittelalterlichen Ortskernen sind unbedingt zu empfehlen.
Infos: www.monschau.de und www.badmuenstereifel.de.
Der Nürburgring mit seinen Attraktionen ist vor allem für Motorsportfans ein Muss. Im Fahrsicherheitszentrum laufen ständig Motorradsicherheitstrainings.
Weitere Infos: www.nuerburgring.de.
Einen zusätzlichen Abstecher ist die Strecke rund um den Rurstausee wert. An der Staumauer treffen sich Motorradfahrer, die Strecken sind beliebtes Biker-Revier. Vorsicht  zahlreiche Polizeikontrollen. In der Südeifel lockt die Bitburger Brauerei mit Führungen durch ihre Betriebsstätte. Dazu mehr unter www.bitburger.de.

Aus dem Heft:
Tourenfahrer 11/2007

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