Kaum hatte es angesichts voller Erdgasspeicher eine kurzzeitige Entwarnung in der Energiekrise gegeben, ist ein bekanntes Thema zurück auf der Tagesordnung: Die drohende Überlastung der Stromnetze durch die rasant wachsende Zahl an Elektroautos und Wärmepumpen.
Nachdem die Verbraucher zunächst nicht so recht mitgezogen hatten, beschloss die Politik, die angestrebte »Wende« im Verkehrssektor sowie in der Beheizung von Gebäuden mit finanziellen Anreizen zu befördern. Mit vielen Tausend Euro pro Fahrzeug hat die Bundesregierung bis vor kurzem den Kauf von batterieelektrisch angetriebenen Autos subventioniert, satte 25 bis 40 Prozent Zuschuss sind noch immer bei der Installation einer Wärmepumpe drin.
Und die Ziele sind hochgesteckt. Bis 2030 sollen mindestens 15 Millionen E-Autos über deutsche Straßen rollen, 500.000 Wärmepumpen sollen nach dem Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) pro Jahr installiert werden, um ebenfalls bis 2030 sechs Millionen Haushalte elektrisch zu beheizen.
Warnungen von Experten ignoriert
In Sachen Wärmepumpen hatten Kritiker bereits früh angemerkt, dass weder die Lieferfähigkeit seitens der Industrie gegeben sei, noch ausreichend qualifizierte Handwerker für die Installation der Anlagen vorhanden seien. Und auch der Strombedarf einer solchen Zahl an Wärmepumpen sei angesichts des gleichzeitig vollzogenen Kohle- und Atomausstiegs nicht zu decken. Und last but not least sei auch das Stromnetz für die Durchleitung der benötigten Energiemengen nicht ausgelegt. Gerade die lokalen Verteilernetze, die Netze mit Spannungen zwischen 240 und 1000 Volt, werden in jüngster Zeit durch immer mehr private Ladestationen für Elektroautos sowie Wärmepumpen stark belastet.
Nachdem die Bedenken von Experten wie dem Energiewirtschaftlichen Institut (EWI) bei der Politik lange Zeit kein Gehör fanden, schlägt nun die Bundesnetzagentur, zuständig auch für die Stromnetze, Alarm. Die Behörde, dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck untergeordnet, sieht »Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilnetz« kommen, wie Netzagentur-Chef Klaus Müller im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung konstatierte. »Falls wir nicht handeln.«
Ladung für 50 Kilometer Reichweite in drei Stunden
Wie dieses Handeln auszusehen hat, davon hat Müller eine konkrete Vorstellung: Die Rationierung des Stromes. Besonders störanfällig seien laut Müller die lokalen Niedrigvolt-Ortsnetze. Deshalb müsste in Zeiten hoher Netzauslastung eine zeitweise Stromrationierung für Wärmepumpen und Elektroauto-Ladestationen vorgenommen werden. Die Netzbetreiber sollen dann zwangsweise und zentral koordiniert die Stromversorgung der Anlagen drosseln. Eine vollständige Abkoppelung der Anlagen vom Netz sei laut Müller jedoch nicht vorgesehen, die zugeteilte Strommenge solle noch ausreichen, um ein Elektroauto innerhalb von drei Stunden für eine Reichweite von 50 Kilometern aufzuladen.
Während die Pläne zur Stromrationierung zum 1. Januar 2024 In Kraft treten sollen, kommt Widerspruch von Seiten der Industrie. So fordert Thomas König, Vorstand des Düsseldorfer Energiekonzerns Eon, statt auf Rationierung auf eine rasche Modernisierung des Verteilernetzes zu setzen. Wohlwissend, dass es sich dabei um eine Multi-Milliarden-Investition handelt.
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