Unglaubliche Abenteuer bei widrigsten Umständen erlebten die ersten Motorradfahrer mit ihren getriebelosen 3-PS-Vehikeln. Keine Kupplung, kein Kickstarter, nicht mal ein richtiger Vergaser oder gar solcher Luxus wie Gasdrehgriffe? Fehlanzeige. Stattdessen prägten profillose Hochdruckreifen, Kopfsteinpflaster und Chausseen voller Hufnägel und peitschenschwingenden Kutscher den Alltag der Pioniere. Opa Geuder erzählte in den 60ern bereits mit einem Abstand von einem halben Jahrhundert, heute wirken seine gebündelten Abenteuer noch erstaunlicher.
Auf 256 Seiten, garniert mit ein paar Schwarzweiß-Aufnahmen, nimmt Opa Geuder den Leser mit auf eine Zeitreise zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Amüsant berichtet er davon, wie man schon damals die Obrigkeit austrickste und abgezockt wurde. Wer weiß heute schon noch, dass der Motorradrennsport fast so alt ist wie das Motorrad als Gattung? Dass eine Rennveranstaltung abgebrochen werden muss, weil dem Streckenarzt das Verbandszeug ausgeht, nachdem so viele Fahrer wegen Leistungsmangel aus der Steilkurve der Zementbahn gepurzelt sind, dürfte heute nicht mehr vorkommen.
Dass die Öffentlichkeit unisono gegen Motorradfahrer eingestellt ist und den Fahrern alle Schandtaten zutraut, kommt einem dagegen bekannt vor. Drohende Lynchjustiz aber müssen wir nicht mehr fürchten. Die packenden Erlebnisse des Zeitzeugen Opa Geuder nehmen den Leser mit in die motorradmäßige Frühgeschichte und relativieren heutige Beschwernisse.
Elefantentreffen im Februar, 1000 Kilometer Iron-Butt oder als Privatier bei der Dakar? Alles Pillepalle im Vergleich zu einer Winterfahrt von Berlin an die Ostsee im Jahre 1906, wenn man alle zehn Kilometer den Lederriemen kürzen muss, während erboste Fuhrleute die Pferdepeitsche schwingen und der Gendarm händereibend das Notizbuch zückt, weil Motorradfahrer ja immer zu schnell sind. 20 Euro sollte euch dieses Geschichtsbuch aus dem Johann Kleine Vennekate-Verlag wert sein.