In 124 Tagen fuhr Sinje Gottwald von Spanien immer entlang der afrikanischen Westküste bis nach Südafrika. So weit, so gut. Besonders an diesem Trip ist die Tatsache, dass Sinje die Tour auf einem Elektromotorrad unternahm. Und auch damit wäre sie nicht die Erste, hätte sie nicht komplett auf technische Unterstützung verzichtet. Bei allen größeren Elektrotouren auf dem schwarzen Kontinent war nämlich bislang stets ein Begleitfahrzeug dabei, weshalb diese Unternehmungen in der Szene auch nicht ernst genommen wurden.
»Der Wartungsaufwand war fast gleich Null«
Sinje, eine erfahrene Motorrad-Globetrotterin, hat die Elektro-Tour nun komplett auf eigene Faust durchgezogen. Als Fahrzeug wählte sie eine Kalk AP des schwedischen Elektromotorradherstellers Cake. Besonders begeistert war Sinje vom geringen Wartungsaufwand der Maschine. »Der Wartungsaufwand war fast gleich Null, das Einstellen und Schmieren der Kette war im Grunde alles«, resümiert die Reisende. Schwieriger war es, die Stromversorgung unterwegs sicherzustellen. »Am schwierigsten war es, Ladestationen zu finden, in manchen Gegenden war es fast unmöglich, und ich musste den Tag sehr gründlich planen. Oft wusste ich nicht, ob ich überhaupt einen Platz zum Aufladen finden würde!«, beschreibt Sinje ihre Erfahrungen.
Zur Vorbereitung hatte Sinje zwei Akkus, zwei Ladegeräte, Ersatzteile wie Controller, Display, Gashebel, Kette und Sicherungen, Werkzeug, einen Laptop für den Fall, dass ihr Motorrad ein Software-Update oder Fernsupport benötigt, eine Kamera und persönliche Gegenstände dabei. Am 14. Oktober 2022 startete sie in Spanien und setzte mit der Fähre nach Marokko über, wo der tiefe marokkanische Sand mit einer durchgebrannten Sicherung die erste technische Schwierigkeit verursachte.
Immer der Küste entlang
Durch Mauretanien und den Senegal folgte Sinje Gottwald den Spuren der legendären Rally Dakar, bevor es von Gambia weiter nach Guinea Bissau ging. Nach dem Grenzübertritt nach Guinea hatte Sinje es mit schlammigen Dschungelpisten zu tun, auf die sich kein Auto wagen konnte.
Sinje fuhr weiter die Elfenbeinküste hinunter, durchquerte Ghana, wo sie 24 Stunden an der Grenze warten musste. Es folgten Kamerun und Angola, bevor sie nach 13.000 Kilometern Südafrika erreichte.
»Wir sind zu viel mehr fähig, als wir denken«
Neben der Herausforderung, die Möglichkeiten des Reisens mit einem Elektromotorrad auszuloten, war es der gleiche Antrieb wie bei all ihren Reisen, der Sinje für diese anspruchsvolle Unternehmung motivierte: »Egal, wie viel ich über einen Ort lerne, wenn ich ihn selbst sehe und erlebe, kann ich ihn besser verstehen. Das trifft meiner Meinung nach besonders auf Afrika zu. Mit diesem Abenteuer wollte ich nicht nur meine eigenen Ansichten und Vorstellungen über diesen Kontinent erweitern, sondern auch ein Beispiel dafür geben, was möglich ist, auch wenn die Herausforderungen zunächst zu groß erscheinen. Wir sind zu viel mehr fähig, als wir denken«, so das Credo der Globetrotterin.