Motorradtour kompakt

Elster/Saale

Eigentlich sollte es ja an die Ostsee gehen – Elster wie Saale standen nur auf dem B-Fahr-Plan.

Obwohl die Sonne noch mit den Wolken kämpft, liegt eine nahezu spätsommerliche Stimmung in der warmen Luft. Über leere Straßen verlassen wir Plauen und genießen die weiten Bögen der B92. Greiz, unser erstes Ziel, Perle und Park- wie Schlossstadt am Rande des Vogtlandes, bietet schmucke Fassaden. Mit dem unteren und oberen Schloss besitzt Greiz zwei veritable Sehenswürdigkeiten. In dem einen residierten früher die Fürsten von Reuß; heute beherbergt es ein Heimatmuseum. Auf einem Bergkegel wacht das zweite Schloss. Dort kann man sich so gar häuslich niederlassen und ein Domizil mieten. Mit dieser Ansammlung ehemaliger Herrschaftssitze ist die Stadt elementarer Bestandteil der Reußischen Fürstenstraße.

Motorradtour kompakt – Elster/Saale
Reiseinformationen und Karte

Doch wir halten uns weiter an die Weiße Elster und kurven über eine lichtdurchflutete, teilweise gepflasterte Straße nach Neumühle. Ab und an kann man einen Blick durch das Blattwerk auf den im Tal blinkenden Fluss erhaschen. In Neumühle weist ein Schild ins Museumsdorf Nitschareuth. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen, zumal das Sträßchen in feinsten Radien das Tal verlässt. Auf dem historisch anmutenden Anger herrscht fast beklemmende Stille.

Die Busladungen Touris kommen erst zum Nachmittagskaffe. So können wir uns in Ruhe an einem Dorf sattsehen, wie es thüringischer nicht sein könnte. Liebevoll gepflegte Vorgärten, herrlich restauriertes Fachwerk, in der Mitte ein Feuerlöschteich mit steinalter Eiche. Wir stürzen wir uns wieder ins Tal der Elster und versuchen, auf kleinsten Straßen und Wegen dem Fluss zu folgen. Dabei verlieren wir, nicht zuletzt wegen der fehlenden Beschilderung, den Fluss aus den Augen, lassen uns treiben und erreichen Berga. Hier bekommen wir endlich den richtigen Weg beschrieben und nehmen die Bergauffahrt dankend in Kauf. Nach einer verzwickten Wegführung erreichen wir Wünschendorf, wo der Anblick einer mittelalterlichen Holzbrücke für die Irrwege entschädigt. Die überdachte alte Dame sieht immer noch verdammt gut aus – seit über 220 Jahren trotzt sie dem Verkehr.

Im weiteren Verlauf der Straße direkt am Fluss erreichen wir Gera und am Gelände der Bundesgartenschau vorbei gelangen wir nach Bad Köstritz. Dem einen oder anderen dürft  das Städtchen in Zusammenhang mit dunklem Gerstensaft ge - läufig sein. So reizvoll dies auch wäre – für die Besichtigung der Brauerei haben wir eh den falschen Wochentag erwischt. Schweren Herzens entlassen wir die Elster auf ihrem weiteren Weg Richtung Saale.

Auf dem Weg in den Naturpark Triasland fällt uns am Straßenrand in Poppendorf eine Kuriosität auf. Hier hat man die Kirchturmglocke einfach in einem Häuschen in der Ortsmitte platziert. Wer sich Zeit nimmt und die Inschrift an der Kirche liest, erfährt, dass die Poppendorfer es irgendwann leid waren, nach jedem starken Gewitter ihren abgebrannten Glockenturm zu erneuern. So haben Glocke und Dorfgemeinde ihren Frieden gefunden.

Naumburg empfängt uns schon von weitem mit atemberaubender Silhouette. Über dem Talkessel thronen Dom und Stadtkirche. Zu Füßen des romanisch-gotischen Bischofsitzes aus dem 13. Jahrhundert genehmigen wir uns das verdiente Mittagsmahl. Dazu vielleicht ein Wein aus regionalem Anbau? Für die Damen ja – für uns Fahrer leider nicht. Erstes Anzeichen, dass wir mitten in der Weinregion Saale-Unstrut sind, wo die Touristenroute »Weinstraße Saale Unstrut«, zur Erkundung lädt.

Direkt am Ufer der Unstrut entlang kann man vom Motorrad aus mit allen Sinnen genießen. Am Ortsausgang von Freyburg strahlen uns tiefdunkle Trauben an. Der Winzer reicht uns eine Rebe mit ausgesprochen süßen Früchten. Von ihm stammt auch der Tipp mit der tollen Aussicht über das Unstruttal von der Klosterkirche Zscheiplitz aus. Am Grillplatz dort oben möchte man am liebsten das Zelt aufschlagen und den Tag mit Rebensaft ausklingen lassen.

Wir folgen der Weinstraße noch ein Stück und biegen in Lauchagen Süden ab. Eine schwindelerregende Straßen füh rung mit Serpentinen und Ausblicken ins Tal durch die Weinberge bringt uns nach Bad Sulza.

Über die gut ausgebaute B88 an den hoch über der Saalethronenden Dornburger Schlössern geht es vorbei Richtung Jena. Optische Reize hat es dort genug – ein Planetarium, das optische Museum und Studentinnen. Trotzdem halten wir die Stadtdurchfahrt kurz. Schließlich ist es noch ein ganzes Stück. Zwischen Orlamünde und Pößneck befindet sich ein wahres Kurven-Eldorado: übersichtliche Radien in allen Variationen, eingebettet in ein malerisches Tal.

Mittlerweile befahren wie die Deutsche Alleenstraße im Naturpark Thüringer Schiefergebirge. Hinter Moxa zieht ein Hinweisschild unsere Blicke auf sich. »Mühlenfähre«. Vor dem Bau des Hohenwartestausees verband eine Brücke die Orte Linkenmühle und Altenroth. Seit 1955 verrichtet Deutschlands einzige Stauseefähre hier ihren Dienst. An Deck stellt sich ein Hauch von Fjordnorwegen en miniature ein. Für 1,80 Euro ein spottbilliges Vergnügen. Die Fahrt aus dem Tal setzt dem Tag allerdings die Krone auf. Wir scheinen die einzigen auf diesem herrlich gewundenen Sträßchen zu sein.

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