Motorradtour kompakt

Hohenloher Ebene

Die Hohenloher Ebene ist sozusagen der Zwischenraum von Kocher und Jagst. Allerdings ist dieses Dazwischen alles andere als nur ein Lückenfüller.

Nachdem sich der Süden Schwäbisch Halls als zu 100 Prozent tourbar erwiesen hatte, galt es herauszufinden, ob dies auch für den Norden zutrifft – die Hohenloher Ebene. Von Westen kommend, führt mich das kleine Flüsschen Ohrn zum großen Bruder Kocher, dem ich jedoch direkt wieder untreu werde, um mich vor Sindringen in Richtung Jagst zu stürzen. Diese Abfahrt ins Jagsttal dürfte wohl jeder Motorradfahrer kennen. Im Minutentakt donnert alles, was zwei Räder hat, die Serpentinen hinunter.

Über Jagsthausen geht es an der Götzenburg vorbei durch Berlichingen. Genau, die Heimat von Götz, Deutschlands bekanntestem, seit längerem verstorbenen »Anal-Fetischisten«. Mein erstes Ziel liegt jedoch einen Ort weiter. Dort befindet sich das Kloster Schöntal, von Zisterziensern im 12. Jahrhundert gegründet und seitdem auf vielfältige Weise genutzt. Der besagte Herr von Berlichingen fand hier seine letzte Ruhestätte und Balthasar Neumann tat sich seinerzeit als Inneneinrichter hervor. Bis heute konnte sich das Kloster seine Bedeutung bewahren und ist Knotenpunkt jeglichen Reiseverkehrs.

Motorradtour kompakt – Hohenlohe
Reiseinformationen und Karte

So ist es kein Wunder, dass ich ein Dutzend Zweiräder zähle, als ich ein belegtes Brötchen plus große Apfelschorle später diesen Ort der Einkehr verlassen möchte. Deren Treiber haben ähnliches wie ich im Sinn oder lassen einfach nur einträchtig mit den vielen Badegästen die Füße in der Jagst baumeln. Hatte ich es schon erwähnt? Es ist heiß, sehr heiß.

Trotz des kleinen Teufelchens im Ohr wieder artgerecht gekleidet, wechsle ich über Crispenhofen an den Kocher. Er soll mich Richtung Schloss Stetten leiten. Der Beschilderung folgend, verlasse ich ihn bereits wieder in Künzelsau. Über die Ebene mit zeitweiligem Sichtkontakt zum Schloss umkreise ich es, um hinter Mäusdorf rechts abzubiegen. Am Ende einer langen Stichstraße liegt dann das Schloss Stetten, wie der berühmte Adlerhorst solide auf eine Felsnadel gezimmert. Der Aus- und Rundblick ins Kochertal ist grandios und wird ermöglicht durch das geduldete Betreten der Schloss- außenanlagen. Am Fuß der Schlossmauern wird »maulgefechtet« –Teil der Proben im dort angesiedelten Freilufttheater.

Bei meiner Rückkehr zur Maschine begegne ich zum zweiten Mal einem Pärchen mit Wanderambitionen per GPS. Als ich fünf Minuten später den Anlasser drücken will, kreuzen sich unsere Wege ein drittes Mal, und während er noch verbissener mit dem Navi streitet, kommt sie um ein Lächeln nicht herum.

Die Stichstraße zurück und die nächste rechts, holterdipolter, den Hang hinunter durch Kocherstetten über den Kocher: So eindrucksvoll sieht Schloss Stetten also von unten aus. Dem Lauf des Kochers folgend geht es zurück nach Künzelsau und von dort über Kupferzell nach Geislingen a. K., wo ein Besuch des dortigen Brückenmuseums ansteht – in Anbetracht der monumentalen Autobahnbrücke über den Kocher ein leicht nachvollziehbarer Wunsch.

Doch noch ist es nicht so weit, zuvor sind da noch die »Zwischenräume« über Goggenbach, Eschental und Arnsdorf nach Braunsbach zu meistern. Am Museum angekommen, scheine ich der einzige Besucher zu sein. Eintritt nur nach Voranmeldung. Schade.

Jetzt, da sich die Temperatur auf ein erträgliches Maß verringert hat, ist es noch zu früh, die Füße hochzulegen. Denn am Horizont in südwestlicher Richtung zeichnet sich die Silhouette einer Burg ab. Der Karte nach müsste dies Waldenburg sein. Also nehme ich Witterung auf und folge dem Kocher flussaufwärts nach Untermünkheim, von dort nach rechts auf die B 19 über die nächste Anhöhe.

Aber wo ist die Silhouette hin? Keine Spur davon. Die Karte und die Beschilderung lotsen mich durch Kupfer, Beliersrot und Goldbach über Singletracks und steile Hohlwege tatsächlich bis zum Luftkurort Waldenburg. Der alte Kern dieser Stadt hat seine Wurzeln im 14. Jahrhundert und verbreitet dank aufwendiger Restaurationsarbeiten mittelalterliches Flair. Den Panoramablick aus 515 Meter Höhe gibt es gratis dazu.

Die einsetzende Dämmerung treibt mich den nördlichen Hang hinunter und auf direktem Weg über die B19 nach Schwäbisch-Hall zur Vesper a la Italiana. Das Hallsche Nachtleben auslassend, sieht mich der neue Tag auf bekannten Wegen den Kocher entlang bis Geislingen a. K. fahren. Mein Ziel ist der Burgberg, 534 Meter hoch gelegen, in südöstlicher Richtung. Der Bühler von ihrer Mündung in den Kocher flussaufwärts folgend, geht es durch kleine Örtchen gemütlich voran, um über Oberspeltach den Burgberg langsam einzukreisen. Die letzten 300 Meter gehe ich dann zu Fuß, und nachdem die letzte Treppenstufe erklommen ist, präsentiert sich die Aussicht vom Turm auf dem Burgberg ähnlich grandios wie zuvor von Waldenburg aus.

Da die Zeit drängt, geht es der Jagst auf den Fersen an Crailsheim vorbei durch malerische Orte wie Liebesdorf zum nächsten Etappenziel Langenburg, das sich als Zentrum rastender Zweiradfahrer entpuppt. Ob Aus blick und Lage der Stadt, das Schloss oder das Auto-Museum mit seinen Rennsport Preziosen für die magische Anziehungskraft verantwortlich sind, muss jeder Besucher für sich entscheiden. Aber er sollte auf jeden Fall genügend Zeit dafür mitbringen.

Die anschließende Abfahrt ins Jagsttal lässt das Hochgefühl langsam verklingen, waren dies doch die letzten Serpentinen meiner Exkursion. Wie die Landkarte versprochen hat, ist die Hohenloher Ebene mit der Schwäbischen Wein- und der Schwäbischen Dichterstraße, der Deutschen Ferienstraße Alpen-Ostsee, der Burgenstraße sowie der Deutschen Limes-Straße wirklich alles andere als ein Niemandsland – kein Kilometer dieses »Zwischenraums« ist ohne besonderen Reiz für Motorradfahrer.

TOURENFAHRER-Newsletter

Mehr frische Infos und Angebote finden Sie im TOURENFAHRER-Newsletter.

Jetzt registrieren