Motorradtour kompakt

Frankenwald

Zwischen Bayerns Norden und Thüringens Süden erstreckt sich eine höchst reizvolle Motorradlandschaft mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten.

Bier- und Burgenstraße, das klingt irgendwie spannend. Beim Blick auf die Karte bleiben meine Augen gleich an diesem Namen hängen. Unser Ziel soll der Frankenwald sein. Jene Region in Bayerns Norden und Thüringens Süden, in der es keine Berge, aber dafür viele Täler geben soll. Und da klingt Bier- und Burgenstraße verlockend. Aber leider, das zeigt die Karte, folgt diese fast nur der B85. Dabei sind doch gerade die kleinen Nebenstrecken das Besondere am Frankenwald. Kein Problem, schließlich gibt es auch noch die Frankenwald-Hochstraße, die Thüringisch-Fränkische Schieferstraße, die Deutsche Alleenstraße, die Reußische Fürstenstraße und nicht zuletzt die Panoramaund Saaletalstraße. Eines vorweg: Trotz der vielen touristischen Routen und der zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Region, des guten Wetters und der Hauptsaison war es nie zu voll. Auf manchen Strecken waren wir kilometerweit allein unterwegs und die Franken sind ein gastfreundlicher, umgänglicher Menschenschlag.

Motorradtour kompakt – Frankenwald
Reiseinformationen und Karte

Ein gutes Beispiel dafür ist Hans-Georg Haueis. Er betreibt in Marktleugast-Hermes den Landgasthof Haueis. Spontan schüttelt er jede Menge Tipps für Moppedfahrer aus dem Ärmel, die in die Geheimnisse des Frankenwaldes eintauchen wol len. Und so machen wir uns nach einem opulenten Frühstück mit viel heißem Kaffee auf die Reifen, im Gepäck jede Menge guter Ratschläge.

Schon die ersten Kilometer durch den Naturpark Frankenwald sind Genuss pur. Kaum ist das letzte Eckchen des Gasthofs im Rückspiegel der BMW entschwunden, finden wir uns schon auf der Frankenwaldhochstraße wieder. Die umrundet den Frankenwald, startet und endet im mittelalterlichen Städtchen Kronach, führt durch die schönsten Winkel der Region und bietet, wie der Name schon vermuten lässt, fantastische Einblicke und Panoramen. Über Grafengehaig und Presseck führen herrlich geschwungene Routen durch die Landschaft, leiten uns mit Premium- Ausblicken in das bergige Kernland des Naturparks. Entlang der Wilden Rodach, des plätschernden Markenzeichens der Region, kurven wir gen Norden. Bei Schlegelshaid werden wir nicht nur mit einem spektakulären Rundblick, sondern sogar mit richtigen Kehren und Serpentinen belohnt. Hier darf die ST zeigen, was sie im Kurvenkarussell draufhat.

In Nordhalben, gleich an der thüringisch-bayerischen Grenze, unterbrechen wir die fränkische Kurvenorgie für einen kleinen Museumsbesuch. Okay, es mag nicht viele Moppedfahrer geben, die sich neben der Passion fürs Zweirad auch für das Klöppeln begeistern, aber dennoch ist eine Visite in der über 100 Jahre alten Klöppelschule Nordhalbens schon recht interessant. Auch wenn mal selbst die kleinen Deckchen nicht unbedingt zu Hause aufs Sofa legt, die Herstellung dieser Kunstwerke ist faszinierend und uns erschließt sich beim besten Willen nicht, wie man in dem scheinbaren Gewirr von Fäden und Spindeln überhaupt den Überblick behalten kann. Wer es selber probieren will – neben dem Museum werden auch Kurse angeboten.

Ab der Klöppelmetropole finden wir uns auf der Frankenwald- Hochstraße wieder, folgen ihr über immer schmalere Strecken. Die Führung ist mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und führt uns mächtig kurvenreich über Bad Steben bis an die Saale, deren Verlauf wir dann bis Bad Lobenstein folgen. Dort lockt nicht nur der Alte Turm hoch über dem bildschönen Stadtensemble mit seinem tollen Ausblick, sondern auch das Thermalbad. Wer mag, kann sich dort im Moorbad verjüngen, und wenn die Lobensteiner ihre Moorprinzessin präsentieren, handelt es sich dabei nicht etwa um das weibliche Gegenstück zum Monster aus dem Sumpf, sondern um eine recht ansehnliche junge Dame, die für zwei Jahre das staatlich anerkannte Heilbad repräsentiert.

Eine Hand voll schneller Kurven auf der B90, die hier als Deutsche Alleenstraße ausgeschildert ist, führen Kiki und mich am Saale-Stausee vorbei. Kurz vor der A9 halte ich mich links, folge der Grenze des Naturparks Thüringer Schiefergebirge – Obere Saale und damit den Schildern nach Schleiz. Schleiz, klar, damit assoziieren Motorsportfreunde die älteste »Natur-Rennstrecke« Deutschlands, das Schleizer Dreieck. Am 10. Juni 1923 fiel vor dem Gasthaus Weidmannsruh in Oberböhmsdorf der Startschuss für das erste Rennen auf dem öffentlichen Streckenverlauf. Es galt, in der Autowertung mit fünf Litern Kraftstoff die längs - te Strecke und die höchste Geschwindigkeit zu erreichen. Huldreich Heußer aus Kleinschmalkalden war Sieger der Autowertung.

Mit seinem Wanderer schaffte er immerhin 87,3 Kilometer und 41,4 Stundenkilometer. Das Motorradrennen ging über sechs Runden und wurde von Horst Raebel aus Apolda dominiert. Seine 1000er Mars marschierte dabei atemberaubende 64,2 Kilometer pro Stunde. Ein Jahr später startete dann die Deutsche Kraftrad- Straßenmeisterschaft auf dem Schleizer Dreieck mit über 10.000 Zuschauern, 1950 der Gesamtdeutsche Meisterschaftslauf mit sage und schreibe einer Viertelmillion Zuschauer. Bis heute sorgen spannende Läufe wie die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft für viel Action und Abwechslung. 2004 wurde der Kurs mit geänderter Streckenführung neu eröffnet. Klar, dass wir auch einen Blick auf die Rennstrecke werfen, und weil heute auf dem Asphalt keine Zielflaggen wedeln, auch mal ein paar schnelle Runden drehen.

Im nur wenige Kilometer entfernten Saalburg stärken wir uns mit einem leckeren Cappuccino, dann überqueren wir Deutschlands größten Stausee, die Bleiloch-Talsperre, und kurven wieder über Fürsten- und Alleenstraße gen Westen. Kaum sind wir auf die B90 abgebogen, erregen an der Zschachenmühle einige höchst skurrile Objekte am Straßenrand unsere Aufmerksamkeit. Unter dem Motto »Was rostet, lebt!« gestaltet hier der in Berlin geborene Künstler Derek Karamol spannende Objekte aus Schrott. Urige Männchen, lustige Wesen, ein Ufo, ein Kanut und sogar einige motorradähnliche Konstruktionen finden sich vor der Mühle. Wäre der Transport nicht ein echtes Problem, wir könnten uns für das eine oder andere Teil erwärmen.

In Grünau setzen wir den Blinker links, verlassen die B90 und kurven entlang der Schieferstraße durch die Botanik. Auf dem Weg zur Burg Lauenstein passieren wir eine alte Scheune und im Vorbeirollen bin ich ob der Scheunenwand ein wenig irritiert. Ich wende, und tatsächlich, hier hat ein eifriger Sammler doch jede Menge antiker Skier nebst altertümlicher Stö cke an die Wand genagelt. Darüber verkündet ein Schild »Horsti’s Skimuseum – 1 x schauen 0,50 €«. Das wäre uns der Anblick ja wert, aber in Ermangelung eines Kassenhäuschens und Hors ti höchstpersönlich müssen wir hier leider die Zeche prellen. Wenn du das hier liest, Horsti, lass uns mal deine Kontonummer zukommen.

Burg Lauenstein glänzt nicht nur mit einem Museum, in dem sich alte Rüstungen, Waffen und viele weitere Antiquitäten entdecken lassen, hier darf sogar geheiratet werden. Im urigen Ambiente des Trauzimmers werden mehr oder weniger ewige Bünde fürs Leben geschlossen und die perfekte Schlosskulisse bietet den mondänen Rahmen. Kiki und ich sind schon glücklich verheiratet, lassen das historische Gemäuer rechts liegen und düsen weiter gen Süden. Nun ist es die Porzellanstraße, die uns, natürlich ebenfalls mit knackigen Schwüngen, durch den Frankenwald führt.

Aber nur ein kurzes Stück, denn, wie sollte es anders sein, die Frankenwald-Hochstraße reißt mal wieder die Führung an sich. Den Asphalt teilen wir uns hier mit dem Höhenradweg Rennsteig und nach der Überquerung der B85 – zur Erinnerung, das war die Bier- und Burgenstraße – geht es wieder so richtig spannend durch die Landschaft, die ja eigentlich keine Berge haben soll, aber dafür viele Täler. In wildem Zickzack-Kurs steuern wir durch den Naturpark. Kleine Weiler und Dörfchen huschen vorbei, ab und an mal ein Trecker, öfter schon mal ein Kollege der Zweiradfraktion. Aber viel los ist hier wirklich nicht – Natur pur. Der ideale Platz für eine Pause mit Picknick und wei - tem Blick über die Landschaft.

Bevor wir über Tschirn, Steinwiesen und Wallenfels die letzte Etappe Richtung Marktleugast in Angriff nehmen, unseren Startort von heute morgen, krame ich nochmal die Karte raus. Schließlich müssen wir ja noch überlegen, wo es morgen hingehen soll. Naja, Auswahl satt bietet dieser Winkel der Republik auf jeden Fall. Fichtelgebirge, Haßberge, Thüringer Wald – die Auswahl ist groß, also schau’n wir mal ...

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