Motorradtour kompakt

Pfälzerwald

Pfälzer Spätlese… und zwar schön trocken, am liebsten sogar sonnig? Die Chancen dafür stehen gut, auch spät im Jahr.

Ein Tag im Herbst. Am Morgen hält sich der Hochnebel hartnäckig und es weht ein rauer Wind. Endlich kommt die Sonne durch. Der Wind legt sich und die Temperatur wird einem goldenen Oktobertag gerecht. Für die Vorderpfalz ist das allerdings nichts Ungewöhnliches. Denn das Haardt genannte, nur zwischen zehn und 15 Kilometer breite, aber rund 85 Kilometer lange Hügelland zwischen dem Rhein graben und dem Haardtgebirge am östlichen Rand des Pfälzerwaldes ist eine klimatisch sehr ausgeglichene Region.

Die Haardt ist mit einer überaus günstigen Thermik gesegnet. Nachts steigt die von der Sonne zuvor erwärmte Luft an den Hängen empor, während die kalte Luft in die Ebene abfließt. Ideale Verhältnisse für Wein, weshalb hier die Rebstöcke in Reih und Glied stehen, so weit das Auge reicht.

Doch auch die Menschen müssen sich hier wohl immer schon wohlgefühlt haben – heimisch, warum sonst wohl häufen sich derart die Ortsnamen mit der Endung -heim? Auf dem Weg nach Bad Dürkheim sind mir allein schon Flörs-, Dals-, Mons-, Bocken-, Obrig-, Mühl-, Albs-, Sausen-, Kirch-, Bissers-, Weisen-, Herx-, und Freinsheim untergekommen. Und es gibt noch ein paar Dutzend mehr davon.

Motorradtour kompakt – Pfälzer Wald
Reiseinformationen und Karte

Einige Zeit schon bin ich auf der Deutschen Weinstraße unterwegs, doch da verspricht in Wachenheim die Straße durchs Pferch tal besondere Kurvenfreuden. Und weil’s so schön ist, mache ich im Elmsteiner Tal gleich weiter, denn es ist weder Wochenende noch Feiertag– Tage, an denen wir Motorradfahrer dort mittels Fahrverbot schonungslos ausgesperrt werden.
Auch wenn die Totenkopfstraße einen wenig einladenden Namen trägt, ihre Kurven sind dafür um so köstlicher. Der Asphalt ist schmal, aber absolut vom Feinsten. Gesäumt von lichtem Buchenwald, der goldene Blätter trägt, geht es stetig bergan, vorbei am Kalmit, dem mit 673 m höchsten Berg des Pfälzerwaldes. Zwischen ihm und dem benachbarten, 617m hohen Schafkopf gibt es fast so etwas wie eine Passhöhe, die zu einer kurzen Rast einlädt. Von hier senkt sich die Straße zunächst sachte, dann ordentlich steil hinab in die Weinberge rund um Edenkoben.

Dort treffe ich gleich wieder auf eines der Schilder »Deutsche Weinstraße«. Ich fol ge ihr jedoch nicht sogleich, denn allzu verführerisch ist die Straße durchs Tiefen bachtal. Sie schwingt sich an dessen Ende auf rund 600 m Meereshöhe und umrundet den 663 m hohen Kesselberg, um sich dann, begleitet vom Modenbach, wieder den weinbestandenen Hügeln zuzuwenden. Ab Burrweiler rollen die Gummis nun endgültig wieder auf der Weinstraße. Das Deutsche Ofenmuseum bleibt von mir unbeachtet. Statt historische Öfen zu betrachten, heize ich lieber den eigenen, zweirädrigen weiter ein.
Bei den Winzern scheint gerade die Mittagspause vorüber zu sein, denn überall brausen nun schmalspurige Weinbergtraktoren herum. Sie ziehen große Edelstahlbottiche voller Weintrauben und verschwinden dann in der Regel hinter weinberankten Toreinfahrten zu kleinen Höfen. In den schmalen Gassen der Weindörfer zieht mir der Duft vergorener Trauben in die Nase. Ein Glück, dass man vom Riechen nicht beduselt wird.

So vermag ich zügig und herzhaft in die Eisen zu gehen, als ein großes blaues Ungetüm aus einem Weinberg ein Stück weit in meine Fahrbahn einfährt. Es ist ein sogenannter Vollernter; zwischen den hohen Stelzenrädern ließe sich mit dem Motorrad locker der Länge nach durchfahren. In zügigem Tempo nimmt die Erntemaschine eine Reihe Rebstöcke mittig zwischen seine Räder. Durch Schütteln, Rütteln, Blasen und Saugen werden die Trauben vom Weinstock gelöst und in den Traubentank befördert. Und zwar alle, leider auch die unreifen und verschimmelten Früchte.

Ein Wegstück weiter darf ich der traditionellen Weinlese per Hand zuschauen, bei der die Trauben schonend vom Weinstock geschnitten werden und geschickte Hände unreife und faule Früchte herauszwicken. Eine mühsame Arbeit. Motorradfahren geht einem da leicht von der Hand.

Im Weindorf Eschbach gerate ich unter die Esel. Bunt angemalt stehen sie überall im Ort verteilt. 32 »Kunst-Esel« sollen es inzwischen sein, die auf Plätzen, in Hoftoren, in Gärten und sonst noch wo stehen. Der Grund dafür: Die Eschbacher werden schon seit Jahrhunderten von ihren Nachbarn »Esel« genannt. So gingen sie vor einigen Jahren in die Offensive und feiern sich seither selbst mit der Eschbacher Eselei.

Jetzt muss ich aber endlich mal ein Stück Strecke machen. Deutsches Weintor, Wissembourg – ein kurzer Besuch bei den französischen Nachbarn. Dann zügig durch den südlichsten Zipfel des Pfälzerwaldes, vorbei an der Reichsburg Trifels, die oberhalb der Kleinstadt Annweiler auf einem dreifach gespaltenen Buntsandsteinfelsenthront.

Die B 48 Richtung Kaiserslautern beweist, dass es auch prächtig zu fahrende Bundesstraßen gibt. An ihr liegt mit dem Parkplatz am Johanniskreuz der angesagteste Motorradtreff der gesamten Region. Doch wo an Wochenenden Hunderte Motorräder stehen, ist am Werktag, spät nachmittags »tote Hose« angesagt. Ich stürze mich also gleich im Wechsel der Schräglagen durchs Elmsteiner Tal zurück in die Haardt. Und fahre durch Deidesheim, Wachenheim, Freisheim – heim.

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